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Geschichte der Bahnhöfe
Die industrielle Revolution wäre ohne die Erfindung der Dampfmaschine undenkbar. Sie war der Motor für viele weitere Entwicklungen der Technik. Englische Ingenieure des 19. Jahrhunderts, Trevithick und Stevenson, entwickelten diese Techniken weiter und setzten die Dampfmaschine auf Räder. Sie benutzten Eisenschienen, um die schwere Maschine mit mehr Kraft in Bewegung zu setzen, als die Pferde das bisher konnten. Die Eisenbahn war geboren. Zunächst wurde die Eisenbahn gebraucht, um Güter zu transportieren. Doch schnell wurde auch Personenverkehr eingerichtet, da das Interesse groß war. Nach der ersten Fahrt einer Eisenbahn, 1825 in England, 1835 in Deutschland von Nürnberg nach Fürth, wurden bald auch anderorts ausschließlich dampfmaschinen gezogene Eisenbahnzüge eingerichtet. Die Strecke von Leipzig nach Althen 1837 war die erste in Deutschland. Diese Strecke war gerade mal 10,6 km lang. Neue Strecken kamen schnell dazu und wurden verlängert. Bald entstanden dann auch die ersten Bahnhöfe.
Als Haltepunkt dienten zunächst bloße Holzschuppen, um die Reisenden vor Regen zu schützen. Erste Vorbilder waren hinsichtlich der Empfangsgebäude die Relaisstationen des Postverkehrs, die ebenfalls Warteräume und Fahrschein-Ausgaben beherbergten. Da Züge aber länger als Postkutschen waren und die Zahl der Reisenden höher, kamen bald Bahnsteige, Bahnsteigüberdachungen und auch Restaurants hinzu.
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Bahnhof Leipzig 1837
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1. Phase: 1835-1871
1835-71 gab es noch zahlreiche Kleinstaaten in Deutschland. So entstanden im Land mehrere Eisenbahngesellschaften. An den Grenzen der Staaten war dann das Ende der Fahrt und die Fahrgäste mussten umsteigen. Dort gab es jeweils einen Bahnhof zum Schutz der Fahrgäste, wahrscheinlich auch zur Grenzkontrolle. Schnell schlossen sich die Gesellschaften einzelner Länder zusammen, um mit mehr Kapital auch grenzüberschreitende Strecken bauen zu können.
Viele der ersten Empfangsgebäude waren Kopfbahnhöfe, da sie den Endpunkt einer noch recht kurzen Eisenbahnstrecke bedeuteten. Es entstanden dann in den 40er und 50er Jahren sehr schnell auf Privatinitiative zahlreiche Strecken mit Bahnhöfen an den wichtigen Städten der Strecke. Da der Streckenausbau rapide weiterging, wurden bald die Bahnhofsgebäude zu klein. Gepäckgebäude, Stellwerke, Warteräume und Räume für das zahlreiche Personal der Bahnen wurden benötigt. In den größeren Städten wurden Restaurants errichtet.
Beim Ausbau der Strecken entstanden Knotenpunkte. Hier wurde der Bahnhof wichtiger, da die Menschen umsteigen konnten. Die Stadt erlebte durch die schnelle Erreichbarkeit per Eisenbahn einen Aufschwung des Handels. Typische Beispiele dieser Phase waren der erste Bahnhof der Ludwig-Süd-Nord-Bahn in Nürnberg, der in neugotischem Stil errichtet wurde oder das alte, später an anderer Stelle ersetzte Empfangsgebäude in Würzburg.
Die zeitgemäße Architektur prägte natürlich das zu erbauende Gebäude. Der Historismus bestimmte die Zeit von 1840-ca. 1910. Beim Historismus werden ältere Architekturformen wieder belebt wie Neogotik oder Romantik. Die romantische Weltsicht aus der Literatur nahm oft Einfluß auf die zeitgenössische Architektur des frühen 19. Jahrhunderts. Bezeichnend ist eine Hinwendung zu mittelalterlichen Bildwelten der eigenen Geschichte. Zusätzlich konnten die kulturellen Bezüge des Landes von Bedeutung sein. Eines der ältesten noch bestehenden Bahnhofsgebäude ist der Bahnhof von Minden/Westfalen. Hier stand das Gebäude an der Grenze zum Herzogtum Hannover. Das Empfangsgebäude stammt aus dem Jahre 1848 am Grenzpunkt zwischen der Köln-Mindener Eisenbahn und den Hannoverschen Staatsbahnen. Es wurde im romantischen Stil mit Türmchen und Zinnen erbaut.
Ein heute noch betriebener Großbahnhof dieser Zeit ist Augsburg Hauptbahnhof.
Aufgrund des großen Kapitalbedarfs stiegen oft auch die Länder als Bauherr ein bzw. übernahmen die Strecken. Die Ludwigs-Nord-Süd-Bahn übernahm sehr früh der Staat Bayern. Diese Strecke reichte von Sachsen bis Lindau am Bodensee.
Der erste Bahnhof in Erfurt, 1847 eröffnet, existiert auch heute noch ist aber von einer Bank übernommen.
Der erste Bahnhof von Hannover, 1847 eröffnet, wurde im romantisch-klassizistischen Stil als streng symmetrisches Gebäude errichtet. Dieser wurde bei Neubau schon 1880 abgerissen. Die kleinen Bahnhöfe wurden oft in regionalem Stil errichtet.
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Der 1844 bis 1847 erbaute Bahnhof Nürnberg auf einer Fotografie von 1891
aus dem Band Die Baudenkmäler der Stadt Nürnberg.
Erste Nürnberger Lichtdruckanstalt & Kunstverlag Brunner. Nürnberg 1891.
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Noch erhaltene Bahnhöfe 2. Phase:
Frankfurt Hbf
Halle Hbf
Hamburg Hbf
Erfurt Hbf
Nürnberg Hbf
Leipzig Hbf
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2. Phase: 1870-1918
Die Schaffung eines großen deutschen Reiches 1871 hatte einen enormen Aufschwung der Wirtschaft zur Folge. Die industrielle Entwicklung Deutschlands nahm Fahrt auf. Das damit verbundene Anwachsen des Verkehrs ließ viele bestehende Gebäude der Eisenbahnen zu klein werden. Durch weiteren Ausbau, Vereinheitlichung und Verbindung zahlreicher Strecken nahm der Bedarf für Abfertigung der Güter und Fahrgäste enorm zu. Viele der ersten Gebäude wurden dann in der zweiten Phase ab 1880 an anderer Stelle größer neu gebaut. Die Empfangsgebäude der großen Bahnhöfe galten fortan als Repräsentanten des Reichtums und Erfolgs der Städte und Länder. Die Eisenbahn war überall auf der Welt der Motor der wirtschaftlichen Entwicklung. So wurden ab ca. 1880 die neu errichteten Gebäude an Größe und üppiger Ausstattung nur noch von den Herrschaftssitzen der Regenten übertroffen. Die Fassaden der Hauptbahnhöfe wurden im Zuge des Historismus mit allegorischen Darstellungen nach klassischen Sagen bestückt. Die Architektur des Historismus wandelte sich aber nun häufig zu neobarocker Gestaltung. Auch Neorenaissance und Spätklassizismus waren üblich. Die Zentralbahnhöfe bekamen 10 und mehr Bahnsteige, um den Verkehr aufzunehmen. Dafür konnten die Ingenieure Wunderwerke an Stahl- und Glaskonstruktionen erbauen. Frankfurt HBf erhielt 1888 als Handelszentrum im Westen Deutschlands einen riesigen Centralbahnhof. Aus den drei bisher existierenden Kopfbahnhöfen wurden die Strecken in einem riesigen Bahnhof zusammengefasst mit entsprechend 3 Bahnsteighallen. Gebaut wurde auch hier mit Sondereinrichtungen, wie gesonderten Wartebereichen für Höchste und Allerhöchste Herrschaften (Fürstenbahnhof) und edlen Restaurants. Frankfurt Hauptbahnhof war bis 1915 der größte Bahnhof Europas. Der Leipziger Hauptbahnhof ist ein weiteres Beispiel. Er wurde 1915 fertiggestellt und ist auch heute noch der größte Bahnhof Europas.
Der Architekt Hubert Stier baute z.B. den Hauptbahnhof Hannover im Stil der Neo-Renaissance und auch den Bahnhof Hildesheim. In dieser Zeit konnten sich Architekten mit großen Bahnhofsbauten in das Buch der Geschichte einschreiben.
Die Begeisterung für die Schnelligkeit dieser Fortbewegung war groß. Zu dieser Zeit war die Eisenbahn das schnellste Fortbewegungsmittel. Geschwindigkeitsrekorde wurden lange von der Bahn gehalten. Mit rasender Geschwindigkeit ging auch der Ausbau des Bahnnetzes voran.
1912 gab es bereits ein 58.000 km langes Eisenbahnnetz in Deutschland.
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Frankfurt Detail
Hamburg-Hbf 1906 (Urheber unbekannt ) |
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3. Phase: 1918-1945
Der 1. Weltkrieg war in vielfacher Hinsicht eine Zäsur. Es entstanden in Europa vielfach neue Regierungsformen. Viele Monarchien in Europa mussten abdanken. Damit verbunden gab es grundlegend neue Vorstellungen von Architektur und Design, welche sich jetzt durchzusetzen begannen. Die Moderne brach sich Bahn. Doch der Bahnhofsneubau stagnierte hier in Europa, da das Streckennetz weitgehend fertiggestellt war und eine Krise die Nächste jagte. Die meisten Gebäude waren in der Expansionszeit groß dimensioniert worden, so dass kaum Neubauten nötig waren. Allenfalls gab es Erneuerungen des Bestands. Der Düsseldorfer Hbf entstand dann erst in den dreißiger Jahren im sachlichen Stil als Backsteinarchitektur. Im Kohlegebiet Sachsens musste der Bahnhof Zwickau vergrößert werden. Im neuen Stil mit Glasurziegeln als Kuppelbau errichtet, wurde er 1936 eröffnet.
Das Berliner S-Bahnnetz wurde seit 1924 nach und nach elektrifiziert. Hier entstanden in den zwanziger Jahren zahlreiche Bahnhöfe. Gebaut wurden kantige Backsteinbauten im Stil der Neuen Sachlichkeit. Der Bahnhof Wannsee ist ein schönes Beispiel.
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Zwickau Hbf |
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Fotos: P. Krabbe |
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S-Bahnhof Berlin-Wannsee (links)
In Italien wurden noch einige große Empfangsgebäude im Stil der Moderne realisiert, auch erst unter den Faschisten. Florenz und Rom erhielten monumentale große Gebäude im Stil….des Futurismus oder Neuen Bauens. Roma Termini wurde allerdings erst nach dem Krieg endgültig fertiggestellt. |
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4. Phase: 1945-1990
Am Ende des 2. Weltkriegs war ein großer Teil der Bahnanlagen durch Bombenangriffe zerstört. Zunächst mussten die Schienenanlagen schnell wieder hergestellt werden, damit der Verkehr und somit die Wirtschaft wieder ins Laufen kamen. Die Gebäude wurden erst mal provisorisch aufgebaut, Schönheit war nicht so wichtig. So begann die Schaffung neuer Bahnhofsgebäude erst Ende der fünfziger Jahre.
Der Wiederaufbau brachte einen endgültigen Durchbruch der modernen Architektur der klaren geraden Linien und lichten Empfangshallen. Es begann auch der Siegeszug des Stahlbetons.
Zahlreiche Groß- und Kleinstädte hatten Bedarf und erhielten Portale mit einer Glasfensterfront mit oftmals leicht geschwungenem Dach. So zu besichtigen in Münster, Dortmund, Berlin-Ostbahnhof, Recklinghausen, Bochum, Braunschweig, Heidelberg und Köln. Diese Liste kann man noch beliebig verlängern. Der Mief der Nazizeit und auch die überladenen Fassaden der Kaiserzeit wurden ausgelöscht. Manchmal wurden die teilzerstörten Bahnhöfe vereinfacht wieder aufgebaut. Im Krieg schwer umkämpften Berlin wurden alle großen Kopfbahnhöfe abgerissen.
Lediglich die Fassade des riesigen Anhalter Bahnhofs blieb als Denkmal erhalten.
Doch entstanden in der Zeit auch immer wieder schlechte Beispiele der Moderne. Betonbauten mit wenig Idee und Gefühl verschandeln leider noch immer einige Bahnhöfe.
In den 60er und 70er Jahren wurden oft langweilige Zweckbauten errichtet. Die Bedeutung der Bahn nimmt in dieser Zeit rapide ab. Das Auto erobert nun in großem Stil Europas Straßen. Die Bahnhöfe sind nicht mehr das Symbol des Erfolgs und des Fortschritts. Bahn zu fahren , wird zusehends zu einem Armutsbeleg. Dementsprechend wird auch keine Mühe für die Gestaltung der Bahnhöfe aufgewendet. |
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Kempten Bhf |
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5. Phase 1990-heute
Nach der Wiedervereinigung mussten Strecken neu gebaut werden. In diesem Rahmen wurden auch viele Bahnhöfe erneuert bzw. restauriert. Heutzutage sind wir uns der architektonischen Qualität alter Bahnhöfe bewußt geworden und erhalten sie. Zahlreiche Bahnhofsgebäude wurden bereits unter Denkmalschutz gestellt.
Vieles an Altem wird gesucht und erhalten. Die Musealisierung unserer Außenwelt ist auf dem Vormarsch. Doch die Funktionen der Bahnhofsgebäude sind seit längerem hinfällig geworden oder haben sich gewandelt. Der Bahnhof ist heutzutage möglichst kein Aufenthaltsort mehr. Es geht nur noch ums Ein und Aussteigen. Warteräume sind abgeschafft worden, Personal am Bahnhof gibt es auch kaum noch. Kleinstadtbahnhöfe sind meist komplett geschlossen.
Die Zentralbahnhöfe großer Städte werden benutzt als Einkaufspassagen. Dazu wurden Großstadtbahnhöfe seit den neunziger Jahren umgebaut.
Einzig der Berliner Hauptbahnhof wurde in dieser Zeit komplett neu gebaut als zentraler Knotenpunkt mitten in der Stadt. Gebaut auf der Brache des ehemaligen Mauergeländes neben dem Reichstagsgebäude wurde über drei Etagen ein lichtdurchfluteter Glaspalast errichtet nach Plänen vom Architekturbüro Gerkan u. Partner. Der Bahnhof wurde im Sommer 2006 mit einem großen Fest eröffnet.
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Berlin Hbf
Als Vorzeigebahnhof der Deutschen Bahn stellt er wirklich eine neue Qualität der Konstruktion dar. Auch der Stuttgarter Hbf wird umgebaut, da bleibt der Großteil des Gebäudes aus den zwanziger Jahren aber erhalten. Unterirdisch werden die Bahnstrecken komplett verändert. Aus einem Kopfbahnhof wird ein Durchgangsbahnhof.
Der Verkehr mittels Eisenbahn stagniert seit längerem, heutzutage expandiert der Flugverkehr. Es geht immer weiter und schneller.
Lediglich in Asien, speziell in China werden noch zahlreiche große Bahnhöfe gebaut. Hier ist der Bedarf für die vielen Menschen vorhanden. Diese Gebäude ähneln sehr hiesigen Flughäfen.
Mehr als 180 Jahre nach dem Bau der ersten Bahnstrecke in Deutschland wird die Bahn in Deutschland zumindest nicht verschwinden. Die neuen ICE Verbindungen sind konkurrenzfähig. |
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Aus aller Welt:
Der größte Bahnhof der damaligen Welt wurde 1888 in Bombay, Britisch-Indien, eröffnet:
Der Chhatrapati Shivaji Terminus.
Er ist nach dem Vorbild der Londoner Station St. Pancras im neugotischen Stil gebaut von Frederick W. Stevens. |
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